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 Bela Chekurishvili

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PostSubject: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 7:46 pm

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Bela Chekurishvili

Dichterin und Journalistin

geboren im Jahre 1974 in Gurjaani/Georgien.
1989-1994 Studium der georgische Sprache und Literatur. an der Staatlichen Javachischwili Universität in Tbilissi
Seit 1998 Jahre journalistische Tätigkeit bei verschieden Kulturzeitungen und -zeitschriften.
Seit 2007 journalistische Tätigkeit bei der Tageszeitung „24 Stunden“. Schreibt im Kulturteil der Zeitung über Kunst und Literatur.

Sie ist die Autorin von drei Gedichtbände.
1998 Gedichtband „Oder... oder“.
2009 Gedichtband „ Öffentliche Briefe“.
2012 Gedichtband „Fragen an Sisyphos“

2006 Literaturpreis „Die beste Jahresdichterin“ vom Verlag „Tschweni mzerloba“.


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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 7:48 pm

Bela Chekurishvili


Solange...

Solange wir weder Seele noch Fleisch besaßen,
Solange wir nur Ton gewesen sind,
Solang’ man uns seltsame Worte gesagt und
Uns ans Ufer des Diesseits geworfen hatte,
Haben wir schnell genug sein müssen
Um uns’re Wünsche mit einfachsten,
Simplen Zeichen auszudrücken.
Solange wir einander erblicken konnten,
Solange wir noch zusammen waren,
Bevor man uns gesagt hatte,
Dass die Erde unser Haus ist –
Egal, ob wir das wollen oder nicht,
Bevor man uns das Sterben genehmigt
Und fürs Leben verantwortlich gemacht hatte.

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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 7:49 pm

Bela Chekurishvili


An Sisyphus

Finde erst mal den Stein und lerne dann einen festen Knoten machen,
sonst läuft dir dort die Hand zum Moos und blamierst dich dann.
Das ist ein Instinkt, jeder hat’s in den letzten Minuten schwer und manchmal kommt es auch vor, dass das Moos zu einem Rettungsring wird und du, pitschnass, wirst dich vor den Augen der halben Stadt bedanken müssen.

Find’ erst mal den Stein finden und lerne dann ein Ornament meißeln,
sonst wird man die Mauer um dich herum so schnell aufbauen – zuerst bis an die Knie und dann bis an den Hals – dass du nicht mal zum Aufschreien kommst.
Und dann, in eine Betonmauer eingebaut, wird nur noch eine hässliche Mauer an deiner Stelle stehen – anstatt einer Kathedrale.

Find’ erst mal den Stein und such’ die Farben aus, bevor du bei dem Meister einen Goldring bestellt hast.
Frag nach der Herkunft der Steine, auch nach den Zeitphasen, in denen du sie gefunden hast. Manche Steine schärfen das Gehör, manche – machen einen blind, manche zerbrechen das Harz, manche lassen den Kummer aufkommen und manche rufen grundlos Träume auf…

Find’ erst mal den Stein und überlege es dir genau bevor du dich zum Kindgebären entschlossen hast,
sonst – wer weiß? – kann es den Vater gelüsten das Neugeborene zu verschlucken. Und wenn du den Stein, schön verpackt, bereithältst, dann hättest du noch Chance diesen dem offenen Rachen entgegen zu bringen um das Kind zu retten.
Sonst, du weißt doch, dass die Götter nicht mal ihre eigenen Kinder geschont und immer an der Seite des Stärkeren gestanden hatten.

Find’ erst mal den Stein und, bevor du dir einen Wunsch gedacht hast, überleg ’s dir gut, ob du wieder dorthin zurück willst, wo die Steine so viel jammern?

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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 7:59 pm

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Eine Kreuzgeschichte

Ich bin dein Kreuz, das man dir auf den Rücken gebunden hat und du musst mich herumschleppen, bis zur Vollerschöpfung, du musst mich den Tod sehen, treffen und berühren lassen und dabei mit mir sterben.

Ich bin dein Kreuz, dein Gerichtsurteil, du weißt nicht mehr, wann du kerzengerade und ohne Rückenschmerzen mit festen Schritten herumgegangen bist.

Und jetzt gehst du herum - verschwitzt, blutverschmiert, durch Staub und Dreck geschleppt – und verfluchst mich: du hattest ja auch ohne mich viel genug zum Grübeln und zum Kümmern. Und ich, die Arme ausgespreizt, stehe da und starre den Himmel an, werde von Tag zu Tag immer schwerer und das kümmert mich gar nicht.

Ich liege und mach’ dir Vorwürfe, dass ich irgendwann eine Linde gewesen bin: mit Wohlduft und raschelndem Laub, von Bienenschwärmen umlagert, es fehlte mir weder am Gekicher der Liebespärchen noch am Klatsch der Tee liebenden Frauen.

Und jetzt höre ich nur dein Gestöhn, wobei du mich – endlos kläglich jammernd – wackelnd herumträgst ohne mich von dir zu lösen.

Zur Antwort auf dein Gejammer wiederhole ich dir: gerade wegen dir hat man mich gefällt und mir die Äste abgehackt, den Stamm gespaltet, gehobelt, zum Kreuz gemacht und zum Dir-Zuhören verurteilt.

Geh doch wenigstens schneller, damit dieser Weg irgendwie endet, denn auch ich kann nicht mehr aushalten, so endlos rumgeschleppt zu werden. Ich will aufstehen, mich aufrichten, die Schultern breit machen und dann… dann umarme ich dich fest und werde dich tragen und dabei nicht so klagen, wie du.

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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 8:00 pm

Bela Chekurishvili


Safe mode

Ich bin geschützt,
wie eine Todeszelle im Gefängnis, eine Bauernscheune, das Gedächtnis einer Witwe, ein Kode der Kreditkarte.
Zuverlässig. Umsorgt. Mit Garantie.

Wir haben uns auf den besten, optimalen und bewährten Modus geeinigt. Geschützt ist mein Alter Ego vor einem Verrat, meine Gebärmutter – vor der Befruchtung, das Haus – vor dem ‚Aufbau.

Ich bin geschützt und will lieber so bleiben, ich will nicht die Zukunft in die Waageschale werfen, wer weiß, vielleicht überwiegt sie mich dann, vielleicht verstört mich das, vielleicht gefällt mir dann die Zerstreutheit.

Und ich bin so teuer, dass ich kein einziges Quäntchen verlieren darf, ich darf nicht zerteilt, nicht geschädigt werden.

Solange ich geschützt bin, bin ich unschädlich, nicht gefährlich, nicht giftig, nicht ansteckend, nicht tödlich, nicht verführerisch.

Wir haben uns über diesen Modus geeinigt und wissen:
wie wir uns die Augen verbinden, voneinander abwenden, den Weg unterbrechen, das Gewissen verlieren und die Herzadern reißen sollen.

Hauptsache – dem zum Tode Verurteilten bis zur Vollstreckung des Urteils zum Leben verhelfen und dem Weizenkorn – bis zum Winter, sexuelle Erinnerungen der Verstorbenen und die Prestige der Bankdienstleistungen nicht schänden.

Und am Morgen kam Seraphim und meinte, da oben haben schon lange die Ferien begonnen…

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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 8:02 pm

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Zu Besuch bei Mark Strjomkin

Was kann ich dir denn Neues sagen, Mark,
Was soll ich mir denn einfallen lassen,
Damit du nicht lachst und nicht staunst:
Ich bin eine Weinbäuerin,
Ein Prophet des Wetters und der Erde,
Ich trug die Weintrauben zu dir,
Doch ich war sehr lange unterwegs,
So lange, dass die Trauben verwelkten
Und zu Rosinen geworden sind.
Nun liegen diese Rosinenkörner
Wie braune Sommersprossen
Auf meinen Schultern herum.
Ich liege in der Glut der Sonne,
Meinen Körper hab ich
Mit Honig bestrichen,
Diesen alten Selbstquälensritus
Hab’ ich mir ins Gedächtnis gerufen,
Um dir meinen nackten Körper
Zeigen zu können und schamlos
Suche ich deine Träume auf.

Meine Existenz ist seesteinchenblank, Mark,
Ist seesteinchenbunt und leicht,
Bin eine Fischerin, eine Hirtin von Wind und Wellen,
Einmal hat mein Netz auch den Goldfisch gefangen,
Doch ich trug ihn so lange zu dir,
Bis er wegen ungenannter Wünsche taub wurde,
Schwamm dann den Fluss abwärts,
Zurück in den Wallfischmagen.
Und mit losen Haaren liege ich jetzt
Auf dem Flussboden,
Golden schuppen meine Knie,
Den alten Ritus des Goldgewinnens
Hab’ ich mir ins Gedächtnis gerufen
Um dir meinen nackten Körper
Zeigen zu können und schamlos
Suche ich deine Träume auf.
Meine Wünsche sind geheimnisvoll,
Wie das Messer eines Piraten, Mark,
Scharf und zweischneidig, wie ein Piratenmesser.
Bin wie ein Fakir, eine Priesterin von Licht und Feuer,
Den heißen Sonnendiskus trug ich zu dir,
Doch ich war so lange unterwegs,
Dass alle seine neun Augen zufielen,
Dann wrang er sich aus und floss
In den Lehmschüssel herunter.
Nun liege ich rücklings auf glühenden Kohlen,
Hab’ ich mir den alten Ritus ins Gedächtnis gerufen,
(Womit man die Menschen amüsierte)
Um dir meinen nackten Körper zu zeigen
Und schamlos such’ ich deine Träume auf.

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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 8:05 pm

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Fixierung


Aufnahme 1: Schlafzimmer von Mark Strjomkin

Gegenstände, die sich um uns herum legen
Erzählen über uns, Mark.
Um ihnen zuzuhören habe ich den Atem gehalten,
Hab’ mich wie Spinnengewebe an den Vorhängen
Und den Sessellehnen ausgebreitet.
Und ich will hier überwintern.


Aufnahme 2: Das Wochenende von Mark Strjomkin

Der Morgenschlaf ist der einzige Zustand,
Der uns am Wochenende vereint.
Und dann, wenn der Salzgeschmack
Uns zu den salzigen Seen führt,
Werden wir ihm stolz folgen
Und dann die untergehende Sonne an der Fahne
Sowie die Fahne über den Häusern erlangen.


Aufnahme 3: Die Jagd von Mark Strjomkin

Bis wir uns bemühen
Mit uns selbst um die Wette zu laufen,
Können wir uns an die Wachtelmutter erinnern,
Und an die Rechtfertigung unserer Existenz.
Und mein bibberndes Herz will
Aus der Jagdtasche herausspringen.
Das Herz, das du nach der Jagd
Dort gelassen und vergessen hast.


Aufnahme 4: Das Gelage von Mark Strjomkin

Mit verbrannten Fingern
Kann man auf die Lyra und Zither nicht spielen,
Aber das verbrannte Herz kann besser singen, Mark.
Das verbrannte Fleisch schmeckt nicht gut,
Aber der verbrannte Zucker wird zur Süßigkeit,
Und gelöst im Getränk erfüllt sie
Deine Gäste mit Gespenstern.


Aufnahme 5: Testament von Mark Strjomkin

Ich bin’s.
Ich bestätige es.

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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 8:06 pm

Bela Chekurishvili


Salomea
(Matthäus 14, 6-11)

(Auszug, Teil 1)

„Salomea, tanz!“
Die Tanzlehrerin war zu streng
Und meine Müdigkeit
Kümmerte sie nicht.
Und die Mutter meinte,
Dass ich nur vergeblich klage,
Weil mich doch niemand
Bemitleiden wird.
Und zur Antwort für meine Tränen
Hörte ich von ihr immer:
„Erst wenn du mal mit deinem Tanz
Den auserwählten Rittern
Gefällst, dann wirst du
An meine Worte denken.“
Sie ließ mich allein in der Spiegelhalle.
Und draußen klang der Sonnenstrahl
Auf den Palmenzweigen,
Und meine Beine wollten dorthin eilen,
Wo junge Mädchen in der Laube
Herzhaft lachten und über die Ritter
Endlos flüsterten.
„Tanz, Salomea,
Wenn du Tanzen lernen willst,
Musst du von Morgendämmerung
Bis Sonnenuntergang tanzen.
Die Musik dazu soll aus dem Herzen
In die Beine und Arme fließen.
Dein Körper soll zuhören,
Und nicht deine Ohren!
„Tanz, Salomea und
Lass die Armringe klimpern,
Die Hände können mehr sagen,
Als die Lippen.
Nein! Den Kopf nicht senken!
Blick immer vorwärts!
Schau nach oben, zum Himmel empor,
Und wenn du deinen Blick
Irgendeinem Ritter schenkst,
Dann lass keinesfalls ein Lächeln
Auf deiner Stirn spielen!“
Die Tanzlehrerin war streng,
Stur und gnadenlos,
Und die Sorge um die Königstochter
War für sie eigentlich
Sogar ein Spaß.
„Tanz, Salomea,
Dein Körper ist dazu geschaffen
Um das wortlos zu erobern,
Was er sich wünscht.
Und wenn du ein großes Mädchen bist,
Wird man dir das ganze Königsreich
Vor die Füße ausbreiten – nur für einen Tanz.
Nur für einen Tanz werden sich
Vor dir Tausende Köpfe senken,
Und du wirst dir nur den Einen auswählen,
Denjenigen, der dich dann
In einen Teil der Unsterblichkeit
Verwandeln wird.
Tanz, Salomea,
Bevor dieser Tag gekommen ist,
Musst du viel tanzen!“

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PostSubject: Re: Bela Chekurishvili   Bela Chekurishvili EmptySun Nov 11, 2012 8:08 pm

Bela Chekurishvili


An den Vater
(Triptychon)

I.
Du hast bei mir nach dem gesucht,
Was dir weder Geliebte noch Ehefrau
Zu sagen vermochte,
Was dir deine Mutter verschwieg
Und was die Nachbarin für dich nicht übrig hatte.
Bei mir hast du nach dem gesucht,
Was dir weder Wein noch Milch
Geben konnte.
Du hast weder Wasser noch Erde verstanden,
Du hast bei mir gesucht und geglaubt,
Ich würde es dir verraten, oder
Es würde mir irgendwie ausrutschen
Und starrtest mich hoffnungsvoll an,
Wie alte Kolchen die Leder im Fluss
Anstarrten, in der Hoffnung
Aus dem Flusssand
Körnchen um Körnchen Gold zu gewinnen.
Du hast geglaubt, die Vatersliebe ist jene Kraft,
Die das Dunkel vom Licht scheidet,
Was die Töchter dann aufmuntert
Verbotene Frucht abzupflücken,
Was nach der Sintflut den aus der Arche
Fliegenden Tauben bei der Suche
Nach dem Olivenbaumzweigchen
Beherzt zu Hilfe kommt.
Du hast geglaubt, dein Blut würde dir
Jenes Geheimnis verraten,
Welches die Frauen den Männern
Am Tag ihrer Austreibung aus dem Paradies
Verschwiegen haben.
Du hast auf mich gewartet und
An meinem Bett über die Nächte
Hindurch gewacht.
Du hast mich auf deinen Schultern getragen,
Mir Beim Tannenbaumzeichnen geholfen,
Hast mir erlaubt über deine Knochen zu gehen,
Erlaubt, dein Herz zu meiner Schaukel zu machen,
Hast nicht gegeizt und mir gegeben,
Das, was du weder der Geliebten, noch der Mutter
Gegeben hast und nie
Deiner Ehefrau und gar nicht der Nachbarnnute.
Hast mir Flügel vor dem Abflug zurechtgelegt und,
Wenn es mir an den Kostbarkeiten gefehlt hatte,
Mit deinem eigenen Fleisch ernährt.
Aber Eins hast du vergessen:
Dass die Kinder vor allen Dingen
Vor ihren eigenen Eltern flüchten,
Denn deren Liebe wird allmählich immer schwieriger,
Wie ein Stein, mit einem Seil
An unserem Hals fest gebunden,
Der die Kinder beim Schwimmen
Zum Flussboden zerrt,
Dass die Töchter dazu verdammt sind,
Nach den Spuren der fremden Männer
’rumlaufen zu müssen,
Dass sie Angst haben, die Liebe auch
Mit den Vätern teilen zu müssen,
Dass die Glut des Opferungslagerfeuers
Einmal verloren geht,
Dass sie nie das Geheimnis verraten werden,
Welches die Frauen den Männern
Am Tag ihrer Austreibung aus dem Paradies
Verschwiegen haben.


II.

Du hast mich gelehrt,
Dass diese Eiszapfen die Zähne des Drachen sind,
Der in unserem Hof haust,
Hast mich gelehrt, dass wenn ich
Die mit bunten Ketten geschmückten Tannen male,
Soll ich daneben auch einen Schneemann zeichnen,
Und wenn ein kleines Fräulein
In der Schule die Beste ist,
Wird es im Vatersherzen den Hauptplatz behalten,
Dass die Käferrücken im Dunkel wie Bügeleisen aussehen
Und dass die Käfer sehr feuerscheu sind,
Hast mich gelehrt: wenn wir den Kanarenvogel
Aus dem Käfig rauslassen,
Werden ihm wegen viel Fliegen
Seine Flügel wehtun,
Gelehrt, dass neben dem bösen Märchenriesen
Immer die Märchenriesenfrau steht
Und dass es Riesenhelden heute noch gibt,
Hast mich gelehrt, dass den Prinzessinenturm
Und die Erde um ihn herum fremde Ritter
Sehr viele Male anstürmen würden,
Dass man mir Frieden oder Wette
Tausendmal anbieten wird und,
Wenn ich immer Siegerin sein will,
Soll ich nicht dem Faden ins Labyrinth folgen,
Ich soll das Vatersgeheimnis keinem verraten.
Du hast mich gelehrt, dass die Männer so viel
Wie Blätter im Laub sind, doch der Vater
Wird uns vom Gott nur einmal geschenkt


III.

Als du mir sagtest,
Dass ich schöner würde, als der blühende Vogelkirschbaum
Und stärker, als ein Baobabbaum –
Hab’ ich dir geglaubt.
Ich hab’ dir geglaubt,
Als du mir sagtest, ich hätte im Wasser nichts zu suchen,
Weil du mir einen biegsamen Körper geben würdest,
Als denselben eines Fisches,
Und das Haus, das man mir bauen würde,
Fester sein wird, als alle Korallen der Welt.
Auch das hab’ ich dir geglaubt.

Was starrst du denn den Himmel an –
Hast du mir gesagt – und ich habe dir geglaubt,
Dass meine Augen schneller sein würden,
Als die Flügel der Vögel und dass die Sonne
Selber zu mir runterkommen würde.
Komm – hast du mir gesagt –
Die Bienen sind doch nicht zur solchen Treue
Oder Selbstopferung fähig, wie der Lehm,
Dem du die Mannesform gegeben hast
Und der sich dann nach Zweisamkeit sehnte,
Ich hab’ dir geglaubt und bin dir gefolgt.
Doch du hast diese Lehmfigur mehr geliebt als mich,
Weil das Erstgeschöpf
Immer ganz andere Zauber und Freude in sich hat,
Und deshalb hast du mir nicht verraten,
Dass ich mich einmal aus Scham
Mit Blättern bedecken würde,
Hast mir nicht verraten,
Dass man von mir auch das Muttersein verlangen würde
Und nicht nur das Ehefrausein,
Dass auch ich jemandes Kind sein würde
Und jeder Mann mit dem ich die gehende Sonne
Und den blühenden Vogelkirschbaum
Durch mein Blut teilen würde,
Von mir verlangen würde,
Nur ihm jenes Geheimnis zu verraten,
Das du mir am Tag der Austreibung aus dem Paradies
Leise anvertraut hast.

Er würde sich wünschen,
Dass auch dieser Sonnenschein
Und diese goldene Glut
Nur ihm gehörten,
Dass der Vater, der Ehemann,
Der Bruder und auch dessen Enkelkind
Aus Trotz zu Einander und in Fehde miteinander
Mich in unzählige Teile so zerfleischen würden,
Dass aus meinem Ursprung
Nur die Buchstaben meines Vornamen
Übrig geblieben wären

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